Während viele Menschen noch diskutieren, ob Elektromobilität überhaupt möglich ist, komme ich mit meinem Elektroroller Niu NQi GTS Sport und diesem Erfahrungsbericht:
Es begab sich schon vor mehreren Jahren, dass ich mal wieder in China war, und mal wieder auf einem Elektroroller unterwegs war. Dort wurden in den großen Städten die Verbrennerroller längst durch elektrische ersetzt, eine Wohltat für Ohren und Nase.
Der Wunsch, auch solch ein Gefährt zu haben, wurde immer größer, und die Auswahl auf dem Deutschen Markt auch immer besser.
Lange Zeit gab es Elektroroller überwiegend in der kastrierten 45km/h-Klasse die kein vernünftig denkender Mensch haben will, und viele auch nur per Lieferung online bestellt. Mittlerweile sieht es anders aus, diverse Marken sind breit vertreten, u.A. Niu hat ein gut ausgebautes Händlernetz. Letztes Jahr kam dann von Niu das Modell NGT raus, 70km/h und 3,5kW, ein Stadtroller so wie er sein sollte. Bestückt mit Akkus von Panasonic hat man eine Reichweite von 80~100km, muss dafür aber immer noch recht tief in die Tasche greifen, 4500€ kostet der. Das war mir immer noch zu teuer, und mit den kleinen 12 Zoll-Rädern war der Roller für meine 1,87m auch einfach zu klein.
Bei Niu wurde der Aufschrei der großgewachsenen Europäer erhört, und so wurde die Palette dieses Jahr erweitert. Der NGT heisst jetzt NQi GT (Namensrechten der BMW M-GmbH sei Dank), und es kam ein NQi GTS hinzu, mit 14Zoll großen Rädern.
Beide Modelle kann man mit den Akkus von Panasonic bestellen (Variante Pro), für jetzt 4600€. Gleichzeitig gibt es noch die Variante Sport (steht für Spar), da bekommt man chinesische Zellen von Eve, die haben 25% weniger Kapazität, und kosten dafür 1000€ weniger.
Noch dazu gab es eine Vorbestelleraktion, die nur für das Modell GTS Sport galt. Mit 500€ Vorbestellerrabatt kostete der dann nur noch 3100€, das war der Moment auf den ich gewartet habe. 100€ musste ich im April dafür anzahlen, und dann war banges Warten angesagt. Mehr als Werbefotos und Datenblätter gab es von dem Modell zu der Zeit nicht, Liefertermin: Irgendwann diesen Sommer.
Tatsächlich war der Roller Anfang Juni beim Händler, und in weiser Voraussicht hatte ich bereits Wochen zuvor angefangen, mir Termine bei der Zulassungsbehörde in Hannover zu reservieren. Die vergeben Termine grundsätzlich nur maximal vier Wochen im voraus, und die waren natürlich alle ausgebucht. Also immer schön um Mitternacht an den PC gegangen, dann kam ein weiterer Tag dazu.
Am 16.06. konnte ich den Roller zulassen, trotz leichter Schwierigkeiten hat es am Ende problemlos geklappt.
Nun sind genau sieben Wochen rum, und heute war der Roller mit 1073km zur ersten Inspektion - außer Spesen nix gewesen.
Ein paar Eindrücke:
- Ich wusste schon gar nicht mehr, wie praktisch ein Roller im Vergleich zum Auto ist. Parken wo immer man will, an Ampeln vordrängeln, über einen Radweg abkürzen... Vielleicht nicht ganz legal, aber mit einem Elektroroller so dermaßen unauffällig, dass es bis jetzt keine Probleme machte. Ganz im Gegenteil, ich kann problemlos mit Fußgängern und Radfahrern verbal kommunizieren, so funktioniert alles miteinander, nicht gegeneinander.
- Kein Lärm, kein Gestank
Durch den Radnabenmotor ist die Karre nahezu geräuschlos, das ist einfach wunderbar. Fürs Abbiegen gibt es einen Warnton, der an den Blinker gekoppelt ist, das ist hilfreich. Wenn nötig, geht der auch über die Warnblinkanlage an. Eine kleine Fahrradklingel habe ich auch noch montiert, mit der kann ich höflich auf mich aufmerksam machen. - Das Aufladen hat sich als völlig unspektakulär herausgestellt. Wir fahren viel zu zweit, und selbst die dann auf 60km geschrumpfte Reichweite ist mehr, als ich brauche. Am Ende des Tages muss ich einmal kurz überlegen, "reicht morgen der halb volle Roller?", und lade dann, oder nicht. Bei einer Planänderung kann ich schnell nachladen, oder auch das Ladegerät im Topcase mitnehmen (ca. 30% Nachladen in einer Stunde, volle Ladung ca. 3,5h). Dadurch, dass ich bequem zu Hause laden kann, ist das alles gar kein Problem. Endlich nicht mehr ans Tanken denken müssen!
- Man wird mit einem Elektroroller angequatscht. Manchmal nur ein Kommentar ("Boah ist der leise!", "Elektrisch, ne?"), manchmal die Standardfragen ("Wie weit kommt der? Was kostet der?"), manchmal auch ausführliche Gespräche, bei denen man nette Leute kennenlernt. Das ist mir schon fast überall passiert, einzig vor Motorradzubehörläden hat mich noch keiner gefragt. Und da habe ich es am meisten erwartet.
- Der Sommer dieses Jahr ist ideal zum Rollerfahren. Selten zu warm, nie zu kalt, hauptsächlich kurze Regenschauer, die ich einfach ignorieren kann (oder später losfahren).
- Ein Elektroroller macht einfach Spaß
Die sofortige Gasannahme ist einfach unglaublich gut. Dazu noch das hohe Drehmoment, und so treiben einem selbst 3kW manchmal das Grinsen ins Gesicht. Hauptsächlich ist es aber das viel einfachere Handling, was es so angenehm macht. Kein Motor der Anspringen muss. Beim Gasgeben muss nicht erst der Motor hochdrehen (und dann erst die Fliekraftkupplung einkuppeln), bis was passiert.