Photovoltaik und Synchronuhren

Für Microcontroller und sonstige "echte" Technik-Themen, die sonst nichts mit ft zu tun haben
Everything technical that has nothing to do with ft
Forumsregeln
Bitte beachte die Forumsregeln!
Antworten
Benutzeravatar
geometer
Beiträge: 595
Registriert: 28 Jan 2011, 12:24
Wohnort: Bochum
Kontaktdaten:

Photovoltaik und Synchronuhren

Beitrag von geometer » 12 Mär 2022, 14:54

Hallo zusammen,

wir haben seit einer Woche eine 3,9-kW-Peak PV-Anlage auf dem Dach, einen 5,1-kWh-Speicher im Keller, sind damit bis auf die dunkelsten Wintertage autark und haben bei dem Sonnenschein der letzten Tage gut ins Stromnetz eingespeist. Kann ich nur jedem empfehlen, der eine solche Anlage noch nicht hat - auch gerade mit Speicher.

Hier kommt der kleine Nachteil für den fischertechniker: Synchronuhren kann man vergessen! Die Ungenauigkeiten der "50 Hz" unserer Wechselrichter sorgen für eine Verschiebung um etliche Minuten pro Tag. Tja, ab jetzt baue ich dann wohl nur noch Uhren mit eigener Zeitbasis...

Letztendlich nehme ich das gerne in Kauf für das Gefühl autark zu sein.

Viele Grüße

Thomas

Benutzeravatar
Rudi
Beiträge: 439
Registriert: 18 Sep 2016, 08:25
Wohnort: Siegen

Re: Photovoltaik und Synchronuhren

Beitrag von Rudi » 12 Mär 2022, 16:49

Lieber Thomas,
du bist genauso autark wie es Pellworm war und El Hierro ist: Gar nicht, solange du dich nicht vom Netzbetreiber abkoppelst. Und ein 1 MW Windrad versorgt 2 000 Haushalte.
Viele Grüße,
Rudi

davidrpf
Beiträge: 252
Registriert: 14 Jul 2015, 14:27
Kontaktdaten:

Re: Photovoltaik und Synchronuhren

Beitrag von davidrpf » 12 Mär 2022, 17:30

Hallo Thomas,

das ist eine wirklich interessante Beobachtung, danke fürs Teilen. Konsequenterweise betrifft dies dann nicht nur die ft-Synchronuhren, sondern auch alle anderen Synchronuhren, die man im Haushalt haben könnte: bei uns z.B. die Mikrowellenuhr. Als 2019 der Strom an mehreren Tagen in D knapp wurde, konnte man die Zeitverschiebung deutlich beobachten.

@Rudi
Magst du deinen Beitrag vielleicht etwas weiter ausführen? Ich kann nicht ganz nachvollziehen, weshalb Thomas dadurch "gar nicht" autark ist.

Viele Grüße
David
Polarkoordinaten Plotter https://youtu.be/u6XwKxZuxqk
Autofabrik: https://youtu.be/mX9JWcca6kQ

Benutzeravatar
geometer
Beiträge: 595
Registriert: 28 Jan 2011, 12:24
Wohnort: Bochum
Kontaktdaten:

Re: Photovoltaik und Synchronuhren

Beitrag von geometer » 12 Mär 2022, 17:56

davidrpf hat geschrieben:
12 Mär 2022, 17:30
das ist eine wirklich interessante Beobachtung, danke fürs Teilen. Konsequenterweise betrifft dies dann nicht nur die ft-Synchronuhren, sondern auch alle anderen Synchronuhren, die man im Haushalt haben könnte: bei uns z.B. die Mikrowellenuhr.
Ja, genau. Unseren einfachen alten Radiowecker mit der schönen roten 7-Segment-Anzeige müssen wir jetzt jeden Tag neu stellen, an unsere großen Kinder abgeben oder entsorgen.

Wir haben übrigens eine PV-Anlage mit Notstromlösung, weil im letzten Jahr dreimal jeweils für nahezu einen Tag der Strom in unserem Straßenzug ausfiel. Man denkt so naiv, man hätte dann den Strom vom Dach. Das ist aber nicht so. Bei den „normalen” PV-Anlagen geht nichts mehr.

Es gibt da zwei verschiedene Lösungen: eine große und teure, bei der bei Stromausfall im Stadtwerkenetz tatsächlich die ganze PV-Anlage + Speicher vom Netz getrennt wird (kostet ca. 1200 Euro Aufpreis!) und eine kleine mit einer Notstromsteckdose, über die man dann die wichtigsten Verbraucher (Kühlschrank, Heizung, Internet) nach manuellem Umstecken weiterbetreiben kann.

Mit Autarkie meinte ich übrigens a) genau die Notstromlösung und b) dass wir aktuell und voraussichtlich bis in den nächsten Winter hinein keine Energie von den Stadtwerken mehr beziehen, sondern nur noch einspeisen. Klar sind wir da kein „dicker Klotz” im System, wo wir eh keine 2000 kWh im Jahr mit vier Personen im Haus verbraucht haben, aber uns gefällt es trotzdem.

Benutzeravatar
Rudi
Beiträge: 439
Registriert: 18 Sep 2016, 08:25
Wohnort: Siegen

Re: Photovoltaik und Synchronuhren

Beitrag von Rudi » 12 Mär 2022, 17:59

Hallo Thomas, hallo David,
mir geht es um sprachliche Genauigkeit in diesem technischen Forum. Thomas kann seinen Strombedarf vom Netzbetreiber deutlich verringern und durch Rückspeisung Geld verdienen (wenn auch subventioniert). Für einige Tage kann er auch einen Netzausfall überbrücken, wodurch im Winter die Heizung weiterlaufen kann (Umwälzpumpe). Ich gönne es ihm (naja, was soll man machen, wenn man kein Süddach hat), aber der Begriff autark trifft da nicht zu.
Genauso wenig kann man mit einem Windrad autark werden, bei Windstille gibt es keinen Strom. In El Hierro hat man versucht, durch Wasserspeicher die Flauten zu überbrücken, aber der Speicher müsst 10-mal größer sein.
Das "Weglaufen" der Frequenz kann nur dadurch entstehen, dass sich die Photovoltaik-Anlage zeitweise vom Netz trennt und der Wechselrichter zwar mit 50 Hz, aber frei weiter läuft.
Viele Grüße,
Rudi

Benutzeravatar
geometer
Beiträge: 595
Registriert: 28 Jan 2011, 12:24
Wohnort: Bochum
Kontaktdaten:

Re: Photovoltaik und Synchronuhren

Beitrag von geometer » 12 Mär 2022, 18:43

Rudi hat geschrieben:
12 Mär 2022, 17:59
Hallo Thomas, hallo David,
mir geht es um sprachliche Genauigkeit in diesem technischen Forum....
Lieber Rudi,

ich schätze deine Modelle und deine ft-pedia-Beiträge wirklich sehr.

Zur sprachlichen Genauigkeit: Man kann mehrere Definitionen von „Autarkie” geben, und ich habe meine nachgeschoben. Du hast eine andere. Das hat nichts, aber auch gar nichts mit sprachlicher Genauigkeit zu tun. Die setzt erst ein, nachdem man eine Definition gegeben hat.
Thomas kann seinen Strombedarf vom Netzbetreiber deutlich verringern und durch Rückspeisung Geld verdienen (wenn auch subventioniert).
Für die Anlage an sich gab es keine Förderung. Meines Wissens nach ist an den 0,08 Euro pro kWh nichts mehr subventioniert. Laut Aussage des freundlichen Mitarbeiters von den Stadtwerken Bochum bei der Inbetriebnahme machen sie aktuell Gewinn mit dem Strom aus den PV-Anlagen.
Der kostet sie ja auch nur 0,08 Euro pro kWh.

Elektrische Energie aus fossilen Energieträgern oder gar Kernenergie sind deutlich teurer und wurden und werden übrigens viel stärker subventioniert, vor allem wenn man die Infrastruktur- und Folgekosten mit einrechnet.
Das "Weglaufen" der Frequenz kann nur dadurch entstehen, dass sich die Photovoltaik-Anlage zeitweise vom Netz trennt und der Wechselrichter zwar mit 50 Hz, aber frei weiter läuft.
Mir ist noch nicht ganz klar, wie der Effekt zustande kommt und ob tatsächlich alle unsere Synchronuhren davon betroffen sind. Die in der Heizung scheint anders zu reagieren. Ich werde das bei Gelegenheit weiter untersuchen.

Nachtrag: Wir haben nur 1-phasige Wechselrichter. Physikalisch geht es auf L1 hin- und her, auf L2 und L3 gibt es nur Strom von den Stadtwerken. Unser Radiowecker hängt an L1, die Heizung an L2. Unsere Synchronuhren laufen also zumindest noch an den Steckdosen, an denen L2 oder L3 anliegen!

Ich habe übrigens bei den Stadtwerken gefragt, ob durch die einphasige Stromeinspeisung eine Schieflast im Netz entsteht. Die Antwort war, dass das bei den Anlagen dieser Größenordnung vollkommen egal wäre.

Benutzeravatar
geometer
Beiträge: 595
Registriert: 28 Jan 2011, 12:24
Wohnort: Bochum
Kontaktdaten:

Re: Photovoltaik und Synchronuhren

Beitrag von geometer » 12 Mär 2022, 19:27

Bei den "teuren" Notstromlösungen werden übrigens die PV-Anlagen + Speicher vom Stadtwerkenetz getrennt und dann der 1-phasige Strom auf alle drei Phasen des Hausnetzes geschaltet. Echte Drehstrommaschinen laufen dann also nicht mehr.

Benutzeravatar
geometer
Beiträge: 595
Registriert: 28 Jan 2011, 12:24
Wohnort: Bochum
Kontaktdaten:

Re: Photovoltaik und Synchronuhren

Beitrag von geometer » 12 Mär 2022, 19:39

Laut einiger Internetseiten gibt es gerade im Nulldurchgang der Spannung aus den Wechselrichtern zusätzliche kleine Schwingungen bei Lastwechsel. Dadurch hat man dann faktisch mehr als einen Nulldurchgang. Abhilfe soll ein Netzkondensator von einigen Mikrofarad parallel zum Radiowecker schaffen.

Dann sollte eine fischertechnik-Synchronuhr eigentlich auch an L1 problemlos laufen.

Wir testen das mal.

Benutzeravatar
Rudi
Beiträge: 439
Registriert: 18 Sep 2016, 08:25
Wohnort: Siegen

Re: Photovoltaik und Synchronuhren

Beitrag von Rudi » 12 Mär 2022, 21:16

Lieber Thomas,
mein Verständnis von Autarkie habe ich beschrieben.
Zur Subvention: Du kannst eine Photovoltaikanlage nicht mit einem grundlastfähigen Kraftwerk vergleichen, dessen Strom ist natürlich wertvoller für das Stromnetz als der schwankende Solarstrom. Außerdem wird der Solarstrom bevorzugt eingespeist ohne Rücksicht auf den Netzbedarf. Dadurch kommen bei Sonnenschein und kräftigem Wind negative Strompreise an der Börse zustande. Wir bezahlen dafür, dass andere Länder unseren überflüssigen Strom abnehmen.
Ich will dir deine Anlage nicht vermiesen, mein Sohn hat eine vergleichbare und ist auch sehr glücklich damit (Synchronuhren hat er nicht). Vor allem die Notstromfunktion finde ich sehr gut.
Wer kann, sollte sich so eine Anlage installieren. Als Grundversorger verlangen die Stadtwerke Viernheim jetzt 80 Cent pro kWh.

Viele Grüße,
Rudi

kräml
Beiträge: 274
Registriert: 14 Aug 2020, 06:47

Re: Photovoltaik und Synchronuhren

Beitrag von kräml » 12 Mär 2022, 22:13

@Rudi damit die Statistik in einem technischen Forum richtig ausgewertet werden kann. Wo steht, dass (Hallo Esther) in Viernheim der Strom 80 Cent pro kWh kostet? Würde mich interessieren.

Über die Frequenz kann der Wechselrichter steuern. Zumindest ist das beim Studer so.

https://www.manualslib.de/manual/58190/ ... ml?page=56

Wer Lust hat, kann mal nachschlagen, ob die EVUs auch Steuern können. Mir düngt dar war was.

Mit anderen Worten, vermutlich steuert der Wechselrichter somit auch die Synchronuhren. Gut zu wissen. Danke für die Info.

Zum Thema Autarkie meint wikipedia:
Autarkie ist die wirtschaftliche Unabhängigkeit eines Privathaushalts, einer Region oder eines Staates durch die vollständige oder teilweise Selbstversorgung mit Gütern und Dienstleistungen.
Gruß Kräml

Antworten