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Mathematiker von Beruf und Berufung

Verfasst: 05 Jul 2016, 20:38
von gunnersson
Moin liebe Leute,

ich habe mich vor kurzem hier im Forum angemeldet. Ein paar PMs habe ich auch schon geschrieben. Damit ich mich nicht immer aufs Neue vorstellen muss, hier einmal kurz meine Geschichte:

Bereits als Grundschüler haben mich Zahlen, Muster, Formen, Ordnungen gereizt und interessiert. Ich habe damals meinen ersten Computer, einen Commodore PC-10 III bekommen. Leider gab es dadurch nicht so viel Austausch mit Communities wie C64 oder Atari ST oder Amiga 500. Ich habe dann später auf einem 386 mit Co-Prozessor viele Fraktale programmiert, das ging mit dem 386 wesentlich schneller als mit der alten Möhre und sah mit Farbgrafik auch hübscher aus als mit einem Grün-Schwarz-Monitor. Im Gymnasium habe ich an Talentförderung Mathematik teilgenommen und später selbst geleitet. Ich hatte dann irgendwann mit dem Trainigsroboter (zuerst Computing Kasten) gespielt, noch mit dem alten ft Universal Interface am Parallel-Port.

Studiert habe ich Technomathematik an einer TU. Dieser Studiengang würde heute wohl Scientific Computing oder Computational Engineering heißen... Ich habe dann erst in der Forschung zum Thema Smart Grids gearbeitet und bin nun im Bildungsbereich tätig. Von meinen Programmierkenntnissen und Erfahrungen (Kindheit: BASIC, Pascal. Uni: C, ASM, VHDL) ist nicht mehr viel übrig --- mir sind eigentlichen nur noch die theoretischen Konzepte vertraut und ich kann Quellcode einigermaßen lesen und nachvollziehen, aber leider nicht mehr kreativ entwickeln. Heutzutage gibt es die Sprache Python, die gewiss sowohl ihre Vorteile als auch Nachteile hat. Als Wissenschaftler finde ich sie wegen https://ipython.org/ und https://jupyter.org/index.html zum produktiven wissenschaftlichen Arbeiten sehr hübsch. Große nachhaltige Projekte werden vielleicht woanders mit entwickelt...

Ich habe immer noch große Affinität zu Technik i.A. und IT i.B.: meinen Computer habe ich zu Linux migriert, kein Dual-Boot mit Windows. Ich recherchiere und nutze gerne OpenSourceSoftware (OSS) und gebe ab und an Bugreports (aber mangels Erfahrung keine eigene Programmierbeteiligung). Windows-Systeme im Familien- und Freundeskreis pflege ich mit https://chocolatey.org/, das kommt dem Repository Gedanken von Linux einigermaßen nahe. Für Android nutze ich https://f-droid.org/ statt Google Play. Und meinen Mozilla (Thunderbird und Firefox) habe ich mit https://github.com/gunnersson/my_Mozilla_settings getweaked.

Allerdings bin ich nicht der große Ingenieur (kreativ konstruktiv...) oder ein regulärer (angewandter) Mathematiker (Berechnen oder Optimieren von XY für Banken, Versicherungen, Ingenieursfirmen). Ich bin eher ein Schöngeist und Hobbyphilosoph. Beruflich beschäftige ich mich heute mit Fachdidaktik Mathematik und allgemeiner Hochschuldidaktik sowie Lehren und Lernen i.A. und E-Learning sowie E-Assesments i.B.

Ich freue mich auf unseren Austausch und viele neue Kontakte,

Gunner

Re: Mathematiker von Beruf und Berufung

Verfasst: 05 Jul 2016, 23:38
von Dirk Fox
Hallo Gunner,

willkommen im Club!
Wirf' mal einen Blick in den "Alte-Säcke-Thread" - könnte Dir gefallen...
http://forum.ftcommunity.de/viewtopic.p ... alter+sack

Beste Grüße,
Dirk

Re: Mathematiker von Beruf und Berufung

Verfasst: 05 Jul 2016, 23:44
von geometer
[gelöscht, da missverständlich.]

Re: Mathematiker von Beruf und Berufung

Verfasst: 05 Jul 2016, 23:50
von gunnersson
@Dirk
Sehr cool! Danke! :-)

@Thomas
[mittlerweile hinfällig]

Re: Mathematiker von Beruf und Berufung

Verfasst: 07 Jul 2016, 17:34
von geometer
Willkommen!

Re: Mathematiker von Beruf und Berufung

Verfasst: 07 Jul 2016, 18:53
von H.A.R.R.Y.
Hallo gunnersson!

Re: Mathematiker von Beruf und Berufung

Verfasst: 16 Aug 2016, 10:27
von SturmGhostXY
Was kannst du denn zum Studiengang Technomathematik sagen? Lohnt sich das für die Zukunft oder eher nicht so?

Re: Mathematiker von Beruf und Berufung

Verfasst: 16 Aug 2016, 16:39
von gunnersson
Moin!

Ja, was kann ich zu Technomathematik sagen... Ich fange mal mit der Vergangenheit an und wende mich dann der Gegenwart zu.

Ich habe Technomathematik Ende 90er / Anfang 2000er studiert. Mein Studiengang Technomathematik war einer der damals etablierten Technomathematik Studiengänge. Die Aufteilung ist grob: 60 % Mathematik, 20 % Informatik, 20 % Technik/Ingenieurswissenschaften. Der Abschluss lautet meist (bei mir noch Diplom) auf Mathematik (also Dipl.-Math.). Das Grundstudium hatten wir zusammen mit den Mathematikern und viel mit den Informatikern, zusätzlich so Sachen wie Grundlagen der Elektrotechnik und Grundlagen der Technischen Mechanik. Im Hauptstudium konnten wir dann viel Wahlpflicht wählen: in allen drei Bereichen. Ich selbst habe in Informatik Technische Informatik (Hardware) sowie Praktische und Angewandte Informatik (Algorithmen und Datenstrukturen) und im Bereich Technik/Ingenieurswissenschaften Regelungstechnik (Bsp. Klimaanlage: Anpassen eines Ist-Wertes an den Soll-Wert) gewählt. In Mathematik kunterbunt.

Die Zielvorstellung eines Technomathematikers ist, dass Du in einem gemischten Team aus Ingenieuren (und evtl. weiteren Wissenschaften wie Informatikern, Biologen, etc.) der Vermittler bist. Du erkennst die Strukturen und Prozesse, die die einen meinen und beschreiben und vermittelst sie den anderen. Oder, was auch oft vorkommt, bist Du eine Mischung aus Mathematiker und Ingenieur und berechnest oder optimierst irgendetwas. Oder bist eher im Bereich Informatik und programmierst. Mathematiker, die programmieren können UND wollen, sind oft recht gute Programmierer (mit "Programmierer" meine ich nicht nur Coder, sondern auch Entwickler, etc.). Damit ist das Bild von Technomathematik auch heute noch aktuell, zumal heute oft interdisziplinär gearbeitet wird (siehe gemischte Teams) oder statt Landwirtschaft und später Schwerindustrie heute viel per Software und Cloud gearbeitet wird.

Oft gibt es den Namen Technomathematik nicht mehr. Das heißt nun Scientific Computing oder Computational Engineering, je nachdem, was im Fokus steht... Außerdem sind die Namen natürlich hübsch modern auf Englisch und die Studiengänge an Bachelor/Master-System angepasst. Aber dort mit den Regularien kenne ich mich nicht aus. Ich selbst als ehemaliger wissenschaftlicher Mitarbeiter an Uni/FH könnte höchstens einige Auswirkungen auf den Alltag beschreiben. ;-)

Viele Grüße,

Gunner

Re: Mathematiker von Beruf und Berufung

Verfasst: 17 Aug 2016, 01:09
von SturmGhostXY
Hey,

vielen Dank für deine ausführliche Antwort.

Bei uns an der Uni (Uni Duisburg-Essen) wird dieser Studiengang angeboten und mich hat schon immer interessiert was dieser Studiengang so bringt. Ich selbst studiere zwar Maschinenbau (und bin bald fertig. :lol: ) aber getroffen hatte ich noch keinen Mathematiker aus diesem Studiengang, obwohl diese ja anscheinend auch Fächer aus dem Maschinenbau-Studium belegen müssen (Regelung und Mechanik).

Re: Mathematiker von Beruf und Berufung

Verfasst: 21 Aug 2016, 11:16
von gunnersson
Moin,

ja, der gemeinsame und gegenseitige Austausch...

Also für mich und meinen Bekanntenkreis kann ich sagen: mit Physikern einerseits und Informatikern andererseits hatten wir Mathematiker i.A. und Technomathematiker i.B. relativ viele Kontakte und auch viele Freundschaften. Mit regelrechten Ingenieuren eher weniger. Das mag an der unterschiedlichen Art/Persönlichkeit/Denkweise liegen. Vielleicht auch ein bisschen Standesdünkel, da mag wohl was dran sein.

Im Grundstudium haben wir die Physiker und Informatiker einfach am intensivsten kennengelernt: die Physiker in vielen Mathematik-Fächern und die Informatiker in vielen Informatik-Fächern. In Fächern wie Technische Mechanik oder Elektrotechnik gab es meistens Blockbildung zwischen uns und den Ingenieuren, und die Übungen gab es für uns Technomathematiker extra, so dass da keine große Durchmischung stattfand.

Zum Thema Art/Persönlichkeit/Denkweise sowie Standesdünkel: da redet man vielleicht öffentlich nicht so viel darüber, aber so etwas gibt es. Nicht zuletzt gibt es ja sogar soziologische Untersuchungen zu dem Thema. Naja, sagen wir mal, das ist einfach "menschlich". ;-)

Einige meiner Freunde sind aber "mittlerweile Ingenieure". Sie sind von der Ausbildung Dipl.-Math. "Technomathematik", der eine hat Dr.-Ing. in Regelungstechnik, der andere Dr.-Ing. in Kunststofftechnik. Als was sie sich mehr fühlen (Mathematiker oder Ingenieur) mag ich nicht genau beurteilen: ich glaube, von beidem etwas. Es ist ja wie im Leben überhaupt: man wächst und verändert sich...

Viele Grüße,

Gunner