Hallo Jan,
eine Ausgangsbegrenzung als Anti-Windup-Maßnahme ist auch kein Allheilmittel.
Beispiel (die Wirkung von Proportional- und Differentialanteil eines PID lassen wir mal außer Acht):
Lageregelung - das zu positionierende Element ist mechanisch blockiert und der Integralregler erhöht die Stellgröße aufgrund der permanent bestehenden Regelabweichung immer weiter.
Im unbegrenzten Fall wächst der Reglerausgang theoretisch halt bis ins Unendliche, praktisch einfach durch die physikalischen Grenzen des Systems beschränkt, im Falle eines Software-Reglers also Variablenüberlauf oder sowas.
Begrenzt Du den Reglerausgang, so kann es sein, dass der Regler, obwohl noch Spielraum vorhanden wäre, große Regelabweichungen nicht ausgleichen kann - die Begrenzung sinnvoll auszulegen, ist nicht immer einfach.
Jetzt lösen wir die mechanische Blockade. Aufgrund des gesättigten Integrals, ob nun begrenzt oder nicht, kommt es zu einem heftigen Ausschlag mit Überschreiten der Zielposition. Nun muss der Integralregler gemäß der eingestellten Verstärkung erstmal wieder "runterrechnen", um die Sollposition zu erreichen.
Tritt nun noch ein Sprung der Sollposition auf, so wird das Ausregeln durch den bereits weit vertrimmten I-Anteil deutlich erschwert...
In der Praxis wird daher oft weniger auf eine Ausgangsbegrenzung beziehungsweise ein Einfrieren eines Reglers zurückgegriffen sondern stattdessen oder ergänzend diese Maßnahme mit einem Anti Windup Reset verbunden.
Dabei passiert nichts anderes, als dass der Regler bei einem großen Sollwert- (gelegentlich auch Istwert-) Sprung neu initialisiert wird. Der Integralausgang wird also z.B. zu Null, dem Ausgang eines Proportionalglieds oder einem anderen Vorgabewert gesetzt, und der Regler rechnet von diesem Startpunkt aus wieder neu...
So, und dann kann man unterstütztend noch eine Vorsteuerung ins Spiel bringen. Die Regelstrecke wird über den gesamten Sollwertbereich quasistatisch vermessen und eine Korellation zwischen Sollwert und Stellgröße erfasst. Erfolgt nun ein Sollwertsprung, so wird der Regler derart initialisiert, dass an seinem Ausgang der erwartete statische Stellwert anliegt. Die aktive Regelung muss nun lediglich die Abweichung zu diesem Erwartungswert, üblicherweise resultierend aus der Summe der Toleranzen der Regelstrecke, ausgleichen. Damit kann der Regler mit wesentlich kleineren Verstärkungen gefahren werden, wodurch sich die Stabilität des Regelkreises und die Einregelgeschwindigkeit verbessern.
Spannend wird das immer dann, wenn z.B. bei hoher Stellgeschwindigkeit ein Überschwingen nicht zulässig ist - Schweißroboter - Wenn der die Elektrode erstmal durch den Kotflügel durchdrückt und dann wieder zurückzieht, gibt das spätestens bei der Lackqualitätskontrolle Diskussionen...
Gruß
Peter
edit: sorry für's off-topic!