ich hatte aus diversen Konvoluten einige Minimotoren mit Totalausfall, bei denen ich es nicht übers Herz gebracht habe, sie zu entsorgen. Bei einem war es nur eine defekte Lötstelle, die anderen waren aber mechanisch hinüber, so dass Ersatz gefragt war. Nach längerer Suche und einigem Ausprobieren, hier eine Option, wie man sie zwar nicht vollwertig, aber für viele Situationen ausreichend wiederherstellen kann:
Zum Öffnen der Motoren (s. auch hier), Reparatur und Refurbishment mit neuem Motor siehe die Bilderstrecken unten.
Zum verwendeten Motor
Im ft-Minimotor ist offenbar ein Motor der Firma Bühler verbaut, für den bisher keine Ersatzteilquelle bekannt ist. Nach längerer Suche und verschiedenen Tests habe ich mich als Ersatz für das Modell Mabuchi FF-030PK-09210 entschieden, auch weil ein ähnlicher Motor gleicher Bauform im modernen XS-Motor eingesetzt wird (ein von mir geöffneter XS-Motor trägt die im hinteren Teil leider nur schlecht lesbare Bezeichnung SFF-030SAV-07850R). Die Größenanpassung an das Originalgehäuse erfolgt mittels einer 3D-gedruckten Hülse.
Der Ersatzmotor hat zwei Nachteile, Wellendurchmesser und Erhältlichkeit:
- Die Welle hat 1,5 mm Durchmesser statt wie beim Minimotor 1,8 mm. Die Originalschnecke ist also nicht verwendbar [Edit: inzwischen doch, s. Post weiter unten], muss daher allerdings auch nicht aufwändig abgezogen werden. Statt dessen wird eine 3D-gedruckte Schnecke verwendet, die natürlich weniger robust ist. Vielleicht könnte man die 1,5 mm auf 1,8 mm aufpolstern, ich habe bei diversen Versuchen aber keine stabile und umwuchtfreie Variante hinbekommen. Alternativ könnten Schnecken des XS-Motors verwendet werden, die aber m.W. nicht als Ersatzteile erhältlich sind.
- Mabuchi-Motoren werden nicht im Einzelhandel vertrieben, sie beliefern ihre Großkunden statt dessen mit Maßkonfigurationen auf Basis von Standardtypen. Man findet sie trotzdem als Stückware bei verschiedenen Händlern im Netz, v.a. bei den üblichen Verdächtigen ebay und aliexpress. Oft fehlen dort aber genaue Informationen zum Typ, teils ist es eindeutig Neuware, teils offenbar Restposten aus der Produktion oder auch ausgeschlachtete Ware. Man muss also genau hinsehen. Ich habe meine Exemplare hier bei ebay unter der Produktbezeichnung "Mabuchi FF-030PK-09210 DC 9V" gefunden. Sie sind mit den für ft perfekten 9V ausgewiesen, obwohl Mabuchi selbst nur 3-7V als operating range für den Typ 09210 ausweist. Wichtig ist in jedem Fall die Wellenlänge von 10,5 mm ab Motorgehäuse, darauf ist die gedruckte Schnecke ausgelegt. Ein Datenblatt ist zumindest für Privatpersonen bei Mabuchi nicht erhältlich, im Netz findet man auf verschiedenen Seiten ein 1-seitiges Datenblatt mit genaueren Angaben zu den beiden "Standardtypen" 11160 und 09210.
Entgegen meiner ersten Erwartungen ist die 3D-gedruckte Schnecke durchaus praxistauglich, auch wenn von ihr keine Wunder zu erwarten sind. Grundsätzlich zeigen meine Tests, dass sie bei geringer Belastung und, im langsamen Betrieb, sogar bei mittlerer Belastungen durchaus verwendbar ist. Erst wenn es zu starker Reibungswärme kommt, wird das Material weich und leidet (s.u.).
Druck der m0,5 Schnecke
- Material: Ich habe PLA und PETG getestet und empfehle PLA aufgrund der größeren Druckgenauigkeit. PETG neigt zum Ziehen bei Wechsel der Druckrichtung, wodurch die Windungen der Schnecke weniger präzise sind. Aufgrund der niedrigeren Drucktemperatur kann PLA bei guter Belüftung (s.u.) schneller erstarren, wodurch die Windungen der Schnecke weniger absacken können. Außerdem ist PETG sehr zäh und abriebsfest, ich gehe daher davon aus, dass kleinere Ungenauigkeiten nicht wie bei PLA abgeschmirgelt werden, sondern umgekehrt das original ft-Material z.B. des U-Getriebes beschädigen können. Konkret verwendet habe ich letztendlich transparentes PLA von Geeetech, ich finde es passt farblich am besten.
- Ausrichtung: stehend mit Öffnung nach oben, wie geliefert.
- Kühlung: Die starken Überhänge der Schnecke können nur mit einer starken Kühlung gedruckt werden, die das Material sofort erstarren lässt. Elementar ist dabei eine mehrseitige Belüftung von mindestens zwei Seiten, bei einseitigen Kühlungslüftern sacken die Windungen auf der nicht belüfteten Seite zu stark ab. Kühlung insgesamt auf Maximum, auch schon in den ersten Ebenen.
- Schichtstärke: Weniger für die Genauigkeit als wegen der starken Überhänge muss mit der kleinstmöglichen Schichtstärke gedruckt werden, die vom Drucker unterstützt wird. Ich drucke auf meinem Ender 3 Pro v2 mit 0,08 mm.
- Absetzen bei schnell druckenden Ebenen: Cura baut standardmäßig kurze Pausen mit Absetzen des Druckkopfs ein, wenn die in einem Layer verbrachte Zeit zu kurz wird, damit das Material abkühlen kann. Das ist Gift für die Qualität des Drucks bei kleinen Details. Daher "Lift Head" abstellen, "Minimum speed" deutlich runter auf 5 mm/s und "Minimum Layer Time" auf ca. 5s, das sollte bei PLA und guter Kühlung reichen, um ausreichend fest für die nächste Schicht zu werden.
- Sonstige Parameter: keine Supports; aufgrund der kleinen Standfläche mit Brim, langsamer Druck ca. 20mm/s.
- Weitere Tipps: Sollen mehrere Schnecken in einem Rutsch gedruckt werden, in Cura "print sequence" auf "One at a time" stellen, dadurch werden travel moves vermieden, die zu Ungenauigkeiten führen können. Grundsätzlich sollte der Drucker optimal kalibriert sein, um over- und underextrusion zu vermeiden, die hier Gift wären.
Das refurbished Modell im Testeinsatz
Meine Tests belaufen sich auf insgesamt nur wenige Stunden Laufzeit, echte Langzeiterfahrungen gibt es also nicht. Für mein Anspruchsniveau, kaputte Motoren wieder überhaupt einsetzbar zu machen, reicht mir das aber. Das war mein Teststand, alle Bilder mit PLA-gedruchten Schnecken:
Es zeigt sich, dass es anfangs zu einem gewissen Abrieb kommt, dabei handelt es sich aber v.a. um kleine Unreinheiten des Drucks, die zu Beginn natürlich abgeschmirgelt werden. Danach kommt es nur noch zu einem minimalen Abrieb unter folgenden Bedingungen: Höchstgeschwindigkeit bei 9V ohne Beladung; ca. halbe Geschwindigkeit bei voller Beladung (wie im Bild gezeigt). Bei voller Beladung und Höchgeschwindigkeit kommt es nicht sofort, aber nach wenigen Minuten entweder zum "Schneckenfraß" oder die Schnecke rutscht von der Welle:
Langfristige Erfahrungen fehlen, auch Erfahrungen zur Lagerung. PLA mag es nicht, unter Spannung zu stehen, es platzt dann gerne irgendwann. Ich möchte also nicht ausschließen, dass die Schnecken nach einiger Zeit reißen, ähnlich wie das berüchtigte Z11 des Hubgetriebes. Nachdem die Massenproduktion hier aber ressourcenmäßig vertretbar ist und der Wechsel leicht vonstatten geht, kann ich damit leben.
Links auf die Druckdateien:
https://www.printables.com/model/473725 ... shment-kit
https://www.thingiverse.com/thing:6004305
vg
Jan